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 Die Erinnerung ist das einzige Paradies,
aus dem wir nicht vertrieben werden können.
(Jean Paul)

Erinnerung ist längst nicht nur ein paradiesischer Ort. Das begreift jeder Mensch vor dem Hintergrund seiner eigenen Lebensgeschichte; das begreifen Menschen nur ungern vor dem Hintergrund der Geschichte selbst. Die Erinnerung ist oft weniger Paradies als Hölle, aus der wir nicht vertrieben werden können, und das, obwohl wir so gerne vor dieser Hölle weg laufen möchten. Erinnerung ist der Ort unserer Identität, Geschichte bietet diesen Ort, diese Orte. Es ist also immer auch notwendig, sich dieser Kultur und diesen Kult(o)uren zu stellen.

Jedes Vergessen leugnet Identität.
Ob historisch, ob national, ob biographisch.
Erinnerung alleine gewährleistet Identität.

Die Notwendigkeit zur Erinnerung im Rückblick auf das 20. Jahrhundert schafft zwangsläufig eine große Not – die Not nämlich, sich dieser Not, dieser Notwendigkeit zur Erinnerung zu stellen. Die zurückliegenden 13 Jahre sind dieser Notwendigkeit kontinuierlich begegnet. Die zurückliegenden 13 Jahre an der HBG haben den Begriff der 'Erinnerungskultur' mittlerweile vielen Schülerinnen und Schülern als einen Begriff eigener Lebensgeschichte nahe gebracht. Manchmal ist es ein solches archäologisches Interesse, das Orten wie dem KZ-Buchenwald manches Bruchstück menschlicher Erinnerung zurückgibt. So erging es Lea, einer Schülerin der letzten Jahre, die in Vorbereitung zur Fahrt nach Auschwitz im KZ-Buchenwald einen Stein ausgrub, der zur eingeritzten Erinnerung an den Tod von Menschen mahnt.

Der zurückliegende 11. Dezember bot Not und Notwendigkeit und eröffnete Erinnerung und die Kultur von Erinnern. Die Schülerinnen und Schüler besuchten – traditionell und deshalb keineswegs verblasst vorbereitet durch Frau Struve und Herrn Skupnik – Köln und damit einen Ort, der nicht allein zur Geschichte des Domes in dieser Stadt führt, sondern die Geschichte in unmittelbarer Nähe zum Dom eröffnete. Wir besuchten das EL-DE-Haus in Köln, wenige hundert Meter vom Dom entfernt.

Erst 35 Jahre nach 1945 erinnerte sich die Stadt Köln an ihre eigene Geschichte in der Zeit von 1933 bis 1945. Die vorangegangenen 35 Jahre ließen die Kölner sich im EL-DE-Haus ihre Dokumente stempeln, besiegelten ihre Ehe, trugen die Geburt ihrer Kinder genau innerhalb der vielen Büros dieses Verwaltungshauses ein, das auf dem Fundament innerstädtischer Diktatur und Tyrannei durch die Gestapo aufbaute. Die Gestapo bezog das stolze Haus kurz vor dessen Fertigstellung, so ließen sich noch im Rohbau viele Büros einbauen; so vor allem erschloss die Gestapo das Kellergewölbe, das ursprünglich als Tiefgarage dienen sollte. Statt einer Tiefgarage entstanden Gefängniszellen; statt der Ein- und Zufahrten entstand der zugemauerte Gang in die Entrechtung und in über 400 Fälle dokumentierter Hinrichtungen im Innenhof.
Zwangsarbeiter ebenso wie politische Gefangene, Männer und Frauen, Dissidenten und mitunter Jugendliche fanden hier einen beklemmenden und beengenden Platz, wo es ursprünglich nur wenige Gefängniszellen für wenige Menschen geben sollte.

Die Schülerinnen und Schüler von den Jahrgangsstufen 10 bis zur QII fanden am 11. Dezember nicht nur in jenen Keller, sondern wurden erst einmal durch Frau Kirschbaum, einer Mitarbeiterin des NS-Dokumentationszentrums, begrüßt.

In der Wechselausstellung waren Fotos und Biographien ehemaliger KZ-Häftlinge ausgebreitet – fotografiert zumeist im hohen Alter und kaum erkennbar als junge, sehr junge Gefangene und Kinder in und von Auschwitz.

Kinder und Kindheiten waren in Auschwitz nicht vorgesehen, fanden nicht statt, oder mündeten maschinell und automatisiert in der totalen Entwürdigung als Menschenkind und im Tod. Die Fotos und Dokumente, die wir betrachteten, erzählten von ehemaligen Kindern, die Auschwitz als Kind überlebt hatten. Behutsam bat Frau Kirschbaum darum, einen Bezug zwischen Foto und Lebensgeschichte innerhalb der Ausstellung herzustellen; kindliche Biographien konkret zu erinnern und damit anzuerkennen. Manchen Kindern blieb bis ins hohe Alter nur erzählte Erinnerungen. Nicht wenige von ihnen wussten Zeit ihres Lebens nicht, in welcher Familie sie ihre Identität vorfanden. Kolja, ein so durch Lagerinsassen und seine polnischen Retter-Eltern genannter Junge, strahlt einen als Besucher an – geschützt durch einen übergroßen Regenschirm. Kolja, ein kleiner Junge, der selbst nach der Befreiung von Auschwitz-Birkenau nicht glauben konnte, dass Menschen eines natürlichen Todes sterben können. Ewa, eine sehr attraktive junge Frau, bat noch zu Zeiten der Sowjetunion darum, ihre leiblichen Eltern oder ihre Familie ausfindig zu machen. Dem Aufruf in der Zeitung folgten zwölf Eltern, die in ihre Tochter zu sehen glaubten. Ewa wusste bis zu ihrem Lebensende nicht, wer ihre Eltern waren. Sie starb mit der Frage an die eigene Existenz: Wer bin ich und woher komme ich?

Im Anschluss an die Ausstellung zu den Kindern in Auschwitz lud Frau Kirschbaum in den Keller, dort bewies sich, dass unsere Schüler sich in weit mehr als einer Sprache auskennen. Georg las die eingeritzten kyrillischen Schriftzeichen und konnte uns die eingekerbten Spuren menschlicher Not übersetzen.

Die Fahrt in das EL-DE-Haus und damit in das NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln gehört zu den Vorbereitungsfahrten der langen Tradition verlebendigter Studienfahrten der HBG (www.studienfahrtenboell.de). Im nächsten Jahr suchen die Schülerinnen und Schüler dann Auschwitz-Birkenau auf, reisen dorthin, wohin uns in Köln so viele bedrückende und beeindruckende Erinnerungen führten.

Ganz ausdrücklich möchte ich mich bei allen teilnehmenden Schülerinnen und Schülern bedanken. Sie und ihr wart eine ebenfalls beeindruckende Gruppe, deren Offenheit und Einlassung nicht zuletzt durch Frau Kirschbaum ausdrücklich angesprochen worden ist. An Marc Worgul geht der Dank von Herrn Skupnik, Frau Struve und mir, Herrn Gutsche, weil wir seinem fotografierenden Auge verdanken, dass viele Erinnerungen eben nicht geschichtlich verblassen.

 

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